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Prof. Aladin El-Mafaalani: „Kinder: Unsere Zukunft der Arbeitswelt hockt in vergammelten Klassenzimmern“ #253

„Kinder erleben Erwachsene als überfordert – das prägt ihre Perspektive auf Gesellschaft.“

In dieser aufrüttelnden Folge des GOOD WORK Podcasts spricht Jule Jankowski mit Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani – einem der prominentesten Soziologen Deutschlands – über die tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen, die unsere Arbeitskultur von morgen bereits heute prägen. Der Ausgangspunkt: das neue Buch „Kinder – Minderheit ohne Schutz“, das El-Mafaalani gemeinsam mit Co-Autoren veröffentlicht hat. Darin richtet er den Blick dorthin, wo unsere Arbeitsgesellschaft ihren Ursprung nimmt – auf die Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen.

Was zunächst wie ein Umweg erscheint, ist in Wahrheit der zentrale Nerv der Transformation: eine Gesellschaft, die altert und gleichzeitig Kinder zunehmend an den Rand drängt. El-Mafaalani legt dar, wie der demografische Wandel nicht nur zu einem Mangel an Fachkräften führt, sondern auch zu einer gesellschaftlichen Verschiebung von Aufmerksamkeit und Ressourcen weg von der Kindheit – mit gravierenden Folgen. Bildung, Integration, Beteiligung und psychologische Sicherheit – all das wird in den ersten Lebensjahren geprägt. Und doch mangelt es an Investitionen, an politischem Willen und an systemischer Weitsicht.

Im Gespräch wird deutlich: Wenn wir die „Zukunft der Arbeit“ ernst nehmen, müssen wir verstehen, dass Kindheit der Hebel ist. In Zeiten von Superdiversität, Digitalisierung und struktureller Überlastung geraten Schulen und Kitas zunehmend unter Druck – ohne dass sich der gesellschaftliche Fokus entsprechend verschiebt.

El-Mafaalani fordert: „Bildungseinrichtungen müssen zu echten Lebensorten werden, die Partizipation ermöglichen und die Würde von Kindern als Grundprinzip begreifen.

Was das mit der Arbeitswelt zu tun hat? Alles. Denn Kinder von heute sind die Mitarbeitenden von morgen. Wenn wir psychologische Sicherheit, Selbstwirksamkeit und Diversity-Kompetenz fördern wollen, beginnt das nicht beim Bewerbungsgespräch, sondern auf dem Schulhof. Es geht um ein generationengerechtes System, das nicht nur für die Rentner von morgen funktioniert, sondern auch für die, die heute keine Stimme haben.

Darüber sprechen wir in der Folge

– Gnadenlose Demographie – Unsere Gesellschaft altert rapide, was Kinder zur systematisch übersehenen Minderheit macht.
– Bildungskrise – Kinder erleben seit Jahren überlastete Schulen, ausfallenden Unterricht und stagnierende Leistungen.
– Superdiversität – Die enorme kulturelle Vielfalt in Kitas und Schulen trifft auf Institutionen, die darauf kaum vorbereitet sind.
– Partizipation erlernen und ermöglichen – Kinder haben kaum Mitspracherechte in ihrem Alltag, obwohl sie immer mehr Zeit in Bildungsinstitutionen verbringen.
– Psychologische Sicherheit – Viele Kinder fühlen sich in Schule und Kita nicht sicher, nicht gesehen und nicht ernst genommen.
– Frühkindliche Investition – Wer früh in Kinder investiert, schafft die Grundlage für gesellschaftliche Stabilität und wirtschaftliche Zukunft.

Diese Episode ist unbequem, berührt emotional und führt tief in unsere gesellschaftlichen Grundfragen hinein. Wer Zukunft gestalten will, muss sich mit diesem Gespräch auseinandersetzen. Arbeitskultur allein auf das Geschehen in Unternehmen zu reduzieren, fasst den Begriff zu kurz und wird den gigantischen Herausforderungen nicht gerecht. Ein starkes Plädoyer für echtes Umdenken und Umlenken unserer gesellschaftlichen Prioritäten.

Viel Spass bei dieser Folge.

Interview: Jule Jankowski

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